Corona betrifft jetzt fast nur noch Jüngere und Ballungszentren Urs P. Gasche / 01. Sep 2020 - Die Ansteckungen pro Kanton und pro Einwohner zeigen grosse regionale Unterschiede. Das rechtfertigt dezentrale Massnahmen. Infosperber zeigt die kantonalen Unterschiede im Verhältnis zur Zahl der Einwohner während der letzten 14 Tage. Exklusiv auch nach Altersgruppen. Josef Hunkeler, langjähriger Gesundheitsspezialist beim Preisüberwacher, hat sie berechnet und grafisch dargestellt. Die Konsequenz scheint klar: Das von Behörden angewandte Kriterium von über 60 neuen wöchentlichen «Fällen» pro 100'000 Einwohner eignet sich nicht für landesweite Massnahmen. Beispielsweise hat der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg recht, wenn er in seinem Kanton keine Maskenpflicht in Geschäften einführen will. Neue «Fälle» pro Kanton innert 14 Tagen. Die schwarzen Kreuze auf der grünen Linie zeigen das Verhältnis pro 100'000 Einwohner (= Inzidenz; Skala rechts). Zeitraum vom 14. bis 28. August: In der ganzen Schweiz wurden pro 100'000 Einwohner durchschnittlich 44 Personen positiv getestet (= Inzidenz). Die Unterschiede je nach Kanton reichen von praktisch 0 in Appenzell Innerrhoden und Nidwalden bis zu über 80 Fällen im Kanton Waadt (trotz grosser ländlicher Gebiete) und fast 100 Fällen im Stadtkanton Genf (rechte Skala). Über dem Benchmark von 60 Fällen liegt auch der Kanton Freiburg. Der Kanton Zürich berührt die Linie der 60 Fälle. Aus dem ganzen Kanton Bern wurden nur 20 Fälle pro 100'000 Einwohner gemeldet (viele ländliche Gebiete). Diese grossen Unterschiede kommentiert Josef Hunkeler so: «Elementare Regeln des statistischen ‹bon sens› werden ignoriert. So gilt der Wert ‹60 Fälle pro 100'000 Einwohner innert 14 Tagen› für Behörden als Kriterium für einschneidende Massnahmen, wobei die Qualität dieses Massstabs offenbar nicht weiter hinterfragt wird. So erreichen Stadtkantone diesen Wert viel früher als Kantone, bei denen ein relativ grosses – von Corona kaum betroffenes –Hinterland dieses Mass verwässern hilft.» Die Zahl der «Fälle» im Verhältnis zur Bevölkerung ist von Gegend zu Gegend zu unterschiedlich und in Städten ungleich höher als in ländlichen Gebieten. Deshalb tauge das Kriterium der «60 Fälle» wenig, wenn es um Quarantänevorschriften und andere Massnahmen in ganzen Kantonen und noch weniger ganzen Ländern geht. In 13 Kantonen gibt es unter den 20- bis 29-Jährigen mehr als 60 positiv Getestete pro 100'000 Einwohner. Neu positiv Getestete der Altersgruppe der 20- 29-Jährigen im Zeitraum vom 14. bis 28. August pro 100'000 Personen dieser Altersgruppe (= Inzidenz). Dazu Josef Hunkeler: «In den BAG-Berichten ist nichts davon zu lesen, dass der gesunkene Altersmedian, der bis Anfang Juli von 51 Jahren auf mittlerweile 30 Jahre gesunken ist, Konsequenzen auf das ‹Management› der Krise haben sollte.» Empfehlungen und Massnahmen sollten nicht mehr alle Altersklassen und ganze Kantone betreffen. Gesamtschweizerisch wurden in den letzten 14 Tagen denn auch vorwiegend 15- bis 50-Jährige positiv getestet – in der Risikogruppe der über 65-Jährigen nur ganz wenige. Blau = Männer: 129 positiv Getestete pro 100'000 Männer der Altersgruppe 20-29 Rot = Frauen: 117 positiv getestete Frauen pro 100'000 Frauen der Altersgruppe 20-29. In den Monaten Juli und August haben die Jüngeren nur wenige Personen der Risikogeneration der über 65-Jährigen angesteckt. Spitaleinweisungen und Todesfälle blieben auf sehr tiefem Niveau. Doch das Ansteckungsrisiko geht heute zweifellos von den Jüngeren aus. Deshalb sollten diese nach stundenlangen Partys ihre Grosseltern zehn Tage lang nicht besuchen und, falls sie in einem Spital oder Pflegeheim arbeiten, besondere Vorsicht walten lassen. Die allermeisten der betroffenen Jungen selber spüren keine oder jedenfalls keine schwereren Krankheitssymptome. ************************************************************** Infosperber-DOSSIER: